Wie ist die Rechtslage?
Überhängende Äste können die nachbarschaftliche Harmonie am Gartenzaun erheblich beeinträchtigen. Der eine Nachbar fühlt sich von dem Überhang gestört, der andere greift bewusst nicht in die Natur ein und lässt Äste Äste sein – und schon drohen Streitigkeiten. Laut einem Urteil des Oberlandesgerichts Nürnberg (AZ 12 U 2174/00) kann ein Nachbar dazu herangezogen werden, überhängende Äste und Zweige zu entfernen, die auf ein angrenzendes Grundstück herüberreichen. Das gilt übrigens auch für herüberwuchernden Efeu, der eine Gefahr für das Mauerwerk des Nachbarhauses darstellt (Urteil des Amtsgerichts München, AZ 241 C 10407/05).
Was ist, wenn der Nachbar die Äste nicht selbst abschneidet?
Wer seinen Nachbar trotz einem eindeutigen Hinweis nicht zu Taten bewegen kann, greift des Öfteren selbst zu Astschere oder Säge, um den lästigen Überhang zu entfernen. Durchaus ist das nach § 910 BGB erlaubt. Das sogenannte Kapprecht gestattet es, überhängende Äste abzutrennen, wenn der Nachbar innerhalb einer angemessenen Frist, die Sie ihm gesetzt haben, nicht reagiert.
Aber Vorsicht: Sie müssen im Streitfall darlegen können, dass Sie der Überhang in der Nutzung Ihres Grundstücks beeinträchtigt. Das wäre etwa dann der Fall, wenn Sie wegen der Äste vom Nachbargrundstück ein geplantes Gartenhaus nicht aufstellen könnten. Zudem dürfen Sie nur den Teil der Äste abschneiden, der sich auf oder über Ihrem eigenen Grundstück befindet.Zur Beseitigung des Überwuchses dürfen Sie außerdem nicht das Grundstück des Nachbarn betreten. (KG OLG 26, 72; LG München WuM 1988, 163 – aus Palandt, Kommentar zum BGB § 910 Anm. 2)